Hier ist er also, der erste Beitrag auf meinem neuen Blog. Und was würde sich aktuell als besseres Thema anbieten, als das grade zu Ende gehende Musikjahr 2017 Revue passieren zu lassen, sprich was waren (für mich) die 10 besten Alben, die dieses Jahr veröffentlicht wurden und was waren meine 10 besten Konzerte, die ich dieses Jahr erleben durfte. So ein Jahresabschlussbericht in Sachen Musik hat Tradition bei mir, zuletzt auf dem Blog meines Last.fm Accounts. Leider hat Last.fm diese Funktion im Zuge ihres (missratenen) Relaunchs 2015 abgeschafft. Die Blogartikel sind zwar noch als URL erreichbar aber man kann keine neuen Beiträge anlegen geschweige denn die alten bearbeiten. Mal sehen, evtl. ziehe ich die Artikel demnächst mal hier hin um auf die neue Webseite.
Aber zurück zum Thema. Insgesamt habe ich 2017 als relativ durchwachsenes Jahr für neue Musik empfunden. Aber das war auch mit den letzten Jahren schon so. Wahrscheinlich bin ich einfach nicht mehr so leicht zu begeistern wie früher. ^^ Sei es drum, hier nun meine Top 10 für dieses Jahr:
Meine Alben des Jahres 2017
Lo-Pan – In Tensions
Bei der Platte, die mir dieses Jahr am besten gefallen hat, handelt es sich nicht mal um ein vollumfängliches Album sondern um eine 6-Songs-umfassende EP. Aber sei es drum. Lo-Pan kommen aus Columbus, Ohio und spielen groovigen und melodiösen Stoner-Rock, vergleichbar mit ihren Label-Kollegen Sasquatch oder ASG. Absolutes Alleinstellungsmerkmal des sonst recht konventionellen Riff-Gemukke ist die Stimme von Sänger Jeff Martin, der mit seinem glockenklaren, souligen Organ definitiv heraussticht in diesem Genre. Zusätzlich sind die Riffs, Grooves und Drums schon ordentlich fett produziert, so dass man sich ein ums andere Mal beim Kopfnicken ertappt. 2015 habe ich die Band leider verpennt, als sie beim Berliner Desertfest aufgetreten sind. Deshalb hoffe ich ganz fest, dass sie nächstes Jahr eventuell dort auftreten oder solo nach Deutschland kommen. Anspieltipp: „Pathfinder“:
Amplifier – Trippin‘ with Doctor Faustus
Beknackter Albumtitel, unsäglich hässliches Cover und vermutlich verbirgt sich auch wieder irgendeine hanebüchene Konzeptgeschichte hinter den Songs aber musikalisch ist das neue Amplifier-Album mal wieder über jeden Zweifel erhaben. Nachdem die Jungs aus Manchester mit ihrem letzten Album Mystoria 2014 wieder mehr auf straighte Rock-Nummern gesetzt hatten, scheinen sie mit Doctor Faustus wieder mehr in Proggigen Gefilden unterwegs zu sein. Das Album ist wieder von längeren Nummern und vertrackteren Arrangements gekennzeichnet. Und an Grooves und Melodien hat es Sel Balamir, Matt Brobin und Co. ja eh nie gemangelt. Das Album kommt zwar, nicht an das Debütalbum und the Octopus von 2011 ran aber trotzdem solide wie immer.
Far or Near – Aporia
Far or Near habe ich letztes Jahr auf einem Visions-Sampler entdeckt. Der darauf enthaltene Song entstammte ihrer EP „Solution“ von 2015, die mir schon echt gut gefallen hat. Dieses Jahr hat die Leipziger Kapelle nun in Eigenregie ihr erstes komplettes Album aufgenommen und veröffentlicht. Druckvoller, hymnischer Alternative Rock mit einer sehr guten Sängerin, die mich stellenweis an Annie Lennox erinnert. Auch wenn „Solution“ meiner Meinung nach die besseren Einzelsongs enthält, ist „Aporia“ insgesamt runder und hat weniger Ausfälle aufzuweisen. Ich wünsche der Band, dass bald mehr Leute auf sie aufmerksam werden und Far or Near ihren Weg machen werde. Meine Stimme haben sie. Hier mal ein Video von ihrem Record-release-Konzert im Leipziger UT Connewitz in diesem Jahr:
Mastodon – Emperor of Sand
Solide trifft es wohl auch bei Mastodon am besten. Ihre großen Alben haben die Sludge-Prog-Veteranen aus Atlanta mMn seit Crack the Skye von 2009 hinter sich aber mit ihrer Mischung aus krummen Riffs, schrägen Melodien und dicken Grooves schütteln sie trotzdem in schöner Regelmäßigkeit stimmige Alben aus dem Ärmel, die Prog-, Rock- und Metal-Fans gleichermaßen begeistert. Zudem hat Drummer Bran Dailor nie schöner gesungen. Dementsprechend sind „Steambreather“, „Roots remain“ und die Single „Show yourself“ meine Lieblinge auf dem Album.
Sohn – Rennen
So mal ein ganz anderes Genre: Sohn heißt mit bürgerlichem Namen eigentlich Christopher Taylor und stammt aus UK. Allerdings scheint er eine gewisse Affinität für die deutsche Sprache zu haben, was sich zum einen in seinem Künstlernamen als auch im Titel seines neuen Albums wiederspiegelt. Musikalisch passt Sohn in die Riege von jungen englischen Künstlern, die Soul und Pop-Musik mit Dubstep kreuzen, ähnlich wie James Blake oder Jamie Woon. Dieses Jahr kam nun sein zweites Album auf den Markt und soweit ich es mitbekommen habe, ist er damit auch bei Radiostationen wie Radio 1, Flux FM oder Radio Fritz gut angekommen. Nachdem ich ihn 2016 noch im kleinen Neuköllner Schwuz live erleben durfte, wurde er dieses Jahr mit dem neuen Album im Petto auch schon direkt in die Columbiahalle gebucht und nächstes Frühjahr im Huxleys.
Dispatch – America, Location 12
Dispatch ist eine amerikanische Roots/Folk-Rock-Band aus den USA, welche bereits seit den 90ern aktiv ist. Nach einer längeren Pause in den 2000ern ist die Band seit 2011 wieder aktiv und hat dieses Jahr mit „America, Location 12“ ein neues Album veröffentlicht, ihr zweites seit der Reunion. Die Band arbeitet hauptsächlich mit Gitarre, Banjo und Drums. Besonders hervorzuheben ist bei der Band der ausgefeilte, zweistimmige Harmoniegesang zwischen Gitarrist Chad Urmston und Drummer Brad Corrigan. Für Freunde von John Butler Trio oder Ben Harper zu empfehlen.
Elder – Reflections of a Floating World
Der Weg, welchen das Bostoner Doom-Trio mit dem Vorgängeralbum Lore von 2015 bereits einschlug wird auf dem Nachfolger „Reflections of a Floating World“ weiter ausgebaut. Die brachialen Doom-Salven der ersten 2 Alben werden mehr und mehr in Richtung komplexer Prog-Riffs verschoben und mehr Atmosphäre wird zugelassen. Zudem kann man erkennen, dass sich der melodische Gesang von Bandkopf Nick DiSalvo von Album zu Album verbessert. Mi gusto!
Blanco White – Colder Heavens
Ähnlich wie Lo-Pan ist auch dies kein richtiges Album sondern nur eine 4-Song-EP. Doch das Titelstück „Colder Heavens“ ist definitiv eines meiner Lieblingssongs dieses Jahr. Aber auch die anderen 3 Songs wissen zu gefallen. Blanco White ist ein Singer-Songwriter, der eigentlich aus England stammt aber lange Jahre in Spanien und Bolivien gelebt hat – deshalb auch sein Künstlername, der in beiden Sprachen „weiß“ bedeutet. Und auch in der Musik macht sich der hispanische Einfluss definitiv bemerkbar. Zum einen hat sein Gitarrenspiel einen deutlichen Flamenco-Anstrich und auch sein leicht zittriger, leidender Gesang klingt immer ein bisschen wie die spanischen Liedermacher. Nachdem White bereits 2016 eine 4-Track EP veröffentlicht hat kann man nur hoffen, dass 2018 endlich mal ein ganzes Album erscheint.
All Them Witches – Sleeping through the War
Ich hatte die Band letztes Jahr auf dem Voodoo Fest in New Orleans zum ersten Mal gesehen. Dieses Jahr erschien nun mit „Sleeping through the War“ das mittlerweile vierte Album der Band. Zwischen sphärischen Sounds aus Slide-Gitarren und Keyboards gepaart mit rasanten Schlagzeug-Beats offenbart die Band eine große Bandbreite in ihrem Sound. Definitiv eine der interessantesten Bands der aktuellen Stoner & Psychedelic Szene.
Alt-J – Relaxer
Rein von der Stilistik und vom Sound her sind Alt-J für mich eine der spannendsten Bands der letzten 10 Jahre. Die kruden Melodien, Gesangs-Harmonien und die nasale Stimme von Sänger Joe Newman bilden auch diesmal eine eigenwillig-homogene Einheit. Zudem experimentiert die Band diesmal mit zwei Gastsängerinnen (bspw. auf „Deadcrush“) oder einem ganzen Kirchenchor (im Abschlusssong „Pleader“). Der Überraschungseffekt der ersten beiden Alben mag verschwunden sein, der Wille sich als Band weiterzuentwickeln ist es aber nicht.
Lunatic Soul – Fractured
Lunatic Soul ist das Soloprojekt von Mariusz Duda, welcher eigentlich als Sänger der polnischen Progressive-Rockband Riverside bekannt wurde. Sein Soloprojekt ist aber wesentlich elektrolastiger und experimenteller als es bei seiner Stammband der Fall ist. Klanglich hat der Sound auch einen ordentlichen 80er Synthie-Pop Anstrich und nicht selten fühlt man sich an Depeche Mode & Co. erinnert.
Honorable Mentions:
Queens of the Stone Age – Villains
Das neue QOTSA Album kommt definitiv nicht an das letzte Werk “Like Clockwork” von 2013 ran, aber hat zumindest ein paar coole Nummern zu bieten. Die Leadsingle „The Way you used to do“ fand ich vom ersten Hören an gut. Insgesamt merkt man, dass Josh Homme versucht hat, sich stilistisch zu verändern und mit anderen Genres zu experimentieren, um nicht zu stagnieren. Das gelingt ihm leider nicht immer. Aber allein der Versuch ist schon anerkennenswert und ein paar gute Nummern sind ja trotzdem dabei rausgesprungen.
- Royal Blood – How did we get so dark
- London Grammar – Truth is a beautiful Thing
- Pallbearer – Heartless
- Nothing more – The Stories we tell ourselves
- Foo Fighters – Concrete & Gold
- Incubus – 8
Meine Konzerte des Jahres 2017
Tool – 17.Juni – The Gorge Amphitheater, Gorge, WA, USA
Ok, ich weiß … es wird langsam langweilig mit den Jahren. 😀 Aber diesmal bekommt das Tool-Konzert den Award für das beste Konzert des Jahres auch oder grade aufgrund der Venue: Das Gorge Amphitheatre befindet sich im Landesinneren des US-Bundesstaates Washington, ca. 3 Autostunden entfernt von Seattle, und es gilt als eine der malerischsten Konzertbühnen der Welt. Eingebettet in eine Hüggellandschaft der nordwestlichen Kaskadenkette s verläuft der Columbia River direkt hinter der Bühne. Bei dem Konzert zwei Wochen zuvor auf dem Governor’s Ball Festival in New York war ich sogar noch etwas näher dran am Geschehen. Die Setlist war die gleiche. Beide Konzerte stehen somit gemeinschaftlich für mein Konzert des Jahres.
Twelve Foot Ninja – 23.April – Badehaus Szimpla, Berlin
Die Australier spielen eine super ansteckende Mischung aus Prog- & Djent Metal gewürzt mit Anleihen aus Reggae, Funk und waschechtem Motown-Soul. In einigen Momenten erinnert die Band am ehesten an Faith No More, was aber auch an der Stimme von Sänger Nick „Kin“ Etik liegt, die der von Mike Patton oft sehr ähnlich klingt. Zumindest brachte die Band die kleine Bühne das Badehaus ordentlich zum Kochen.
Soen – 06.April – Cassipoeia, Berlin
Die Schwedische Neo-Prog Band um den ehemaligen Opeth-Schlagzeuger Martin Lopez liefern ordentlich im Cassiopeia ab. Besonders der glockenklare Gesang von Sänger Joel Ekelöf wusste zu überzeugen sowie der punktgenaue Harmonie-Gesang des Keyboarders wodurch der Sound annähernd wie auf Platte klang. Starke Band.
All Them Witches – 18.September – Heimathafen, Berlin
Nachdem ich die Band im Jahr zuvor auf einem Festival an einem Nachmittag bei Tageslicht gesehen habe, wollte ich sie mir nochmal in einem Club anschauen. Und sie haben nicht enttäuscht: Mit ihrem psychedelischen Sound erfüllten All Them Witches den altehrwürdigen Saalbau und jammten sich durch Songs ihrer 4 Alben.
Highly Suspect – 28.Februar – Musik & Frieden, Berlin
Die Rock-Newcomer aus den USA wurden zuletzt für einen Grammy nominiert. Nächstes Jahr spielen bereits im Columbia Theater. Mal schauen wo das noch hin führt.
King Crimson – 13.Juni – The Moore, Seattle
Die Prog-Rock-Legenden um Gitarren-Professor Robert Fripp und Bass-Gott Tony Levin spielen im majestätischen Moore Theater von Seattle am zweiten von 2 Abenden hintereinander. Mit ihrem jazzigen Zusammenspiel und drei (!!!) Drummern kommt der Auftritt eher einem klassischen Konzert als einem konventionellen Rockkonzert gleich. Beeindruckend!
Royal Blood – 03.Juni – Governor’s Ball; New York
Das Power-Duo aus UK zerlegt zu zweit die Hauptbühne des Festivals am Nachmittag.
Gov’t Mule – 03.November – Huxleys Neue Welt
Die Jam-Band aus dem Dunstkreis der Allman Brothers Band kehrt nach ihrem Auftritt 2016 erneut ins Huxleys zurück. Im Vergleich zum durchwachsenen Gig im Vorjahr überzeugt die Band diesmal jedoch auf ganzer Linie. Vor allem Sänger/Gitarrist Warren Haynes tut dies mit seinem gekonnten Gitarrenspiel und seinem markig-souligen Gesang. Die Setlist besitzt die richtige Mischung aus eigenen Nummern und Coverversionen großer 70s Bands, darunter zwei Nummern von Free und als Zugabe „30 Days in the Hole“ von Humble Pie.
Foo Fighters – 10.September – Lollapalooza Festival, Berlin
Die Foo Fighters spielen sich durch all ihre Hits und zeigen, dass sie ein würdiger Headliner des Festivals sind. Ein Highlight ist für die mich, als Jane’s Addiction Sänger und Lollapalooza Gründer Perry Ferrel auf die Bühne kommt und die Band gemeinsam mit ihm „Mountain Song“ zum Besten gibt.
Operators, Dukes of Blizzard – 19.August – Anarche auf der Spree, Berlin
Berlins Lokalmatadore (und best aussehendste Band) Operators laden ein zur Rock’n‘Roll-Kaffefahrt auf einem Boot (!) Während der Kahn die Spree entlang schippert, wird von der Besatzung ordentlich gerockt und die Boxen aufgedreht, so dass die anliegenden Wassergrundstücksbesitzer auch noch was davon haben. Die Wasserschutzpolizei rückt an wegen Ruhestörung und ein Mikrofon fällt ins Wasser. Anschließend springen alle besoffen in den Müggelsee. – Toller Tag! 🙂
Honorable Mentions:
- Ghost – 25.April – Huxley’s Neue Welt, Berlin
- Deftones, Skyharbor – 27. April – Columbiahalle, Berlin
- Aerosmith, Rival Sons – 30.Mai – Waldbühne, Berlin
- London Grammar – 10.September – Lollapalooza, Berlin
- Leprous, Agent Fresco – 22.November – Musik und Frieden, Berlin
- Mastodon, Red Fang, Russian Circles – 23.November – Haus Auensee, Leipzig
In Memoriam
Chris Cornell: 1964-2017